5. März 2024

Gerechter Frieden, gerechte Welt

Die russische Opposition macht sich in Bezug auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in der Russischen Föderation ab dem 17. März 2024 keine Illusionen. Seit Monaten gibt es in russischen Oppositionskreisen allerdings eine lebhafte Diskussion zu möglichen Strategien bezüglich der Wahlen. Ende Februar hat sich nun eine Koalition von linken, emanzipatorischen Stimmen gemeldet, die sowohl einen Vorschlag für ein taktisches Wahlverhalten, als auch ein „Manifest für einen gerechten Frieden“ vorlegt. Deren Website https://www.spravedlivost2024.org wurde bereits gesperrt, auf der Plattform telegra.ph findet sich eine Kopie des Aufrufs vom 3. März: https://telegra.ph/spravedlivost2024-03-03.

Abstimmung gegen alle

Das Bündnis „Just Peace Coalition“ ruft dazu auf, am 17. März zum gleichen Zeitpunkt wählen zu gehen, alle Kandidaturen durchzustreichen und auf den Stimmzettel „Für einen gerechten Frieden“ zu schreiben. Damit sind die Stimmzettel zwar ungültig, müssen aber mitgezählt werden und senken somit die Prozentzahlen für die vier Kandidaten des Kreml. Damit soll dann auch der Protest für alle Bürger:innen sichtbar werden. 

 

Das Gerechtigkeits-Manifest

Für das „Manifest für einen gerechten Frieden“ liegt noch keine offizielle Übersetzung vor, und es richtet sich offenbar vor allem an die Bürger:innen der Russischen Föderation. (Ich verwende eine maschinelle Übersetzung, korrigiert von einer Muttersprachlerin.) In dem Manifest wird einiges Gutes und Richtiges für eine zeitgemäße Linke gesagt, auch insbesondere angesichts der massiven Probleme in der Russischen Föderation.

GERECHTER FRIEDEN-MANIFEST

Du und ich brauchen Frieden. Frieden in unserem Land, Frieden mit den Nachbarn, Frieden in der Familie, Frieden in uns.

Der Mangel an Frieden ist Angst, ein verletzliches Leben für uns und unsere Kinder, Bitterkeit für unser Land, Schande für die Unfähigkeit, die Katastrophe zu stoppen. Aber es gibt auch die wenigen, für die der Mangel an Frieden ein großer Gewinn ist. Es ist auch eine Möglichkeit, uns, die wir von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck leben, zu zwingen.
Im Mittelpunkt dieser Ungerechtigkeit steht das Problem der Ungleichheit, das Russland buchstäblich zerreißt. Wirtschaftliche und politische Ungleichheit sind untrennbar. Wladimir Putin und die mit ihm verbundenen Eliten haben sich enorme wirtschaftliche Ressourcen angeeignet und in ihren Händen konzentriert, die durch die Arbeit mehrerer Generationen geschaffen wurden. So gewannen ein Haufen Beamter und Geschäftsleute unbegrenzte politische Macht. Riesiger Reichtum könnte im gemeinsamen Interesse genutzt werden. Aber stattdessen wurden uns die Rentenreform, die „militärische Spezialoperation“ (SWO) und die unbefristete Mobilisierung aufgezwungen.

18. September 2023

#DroneWarsReloaded

Nur gelegentlich stolpere ich über von mir Geschriebenes vergangener Tage. Die #Drohnenkriege, unbemannte Technologie und davon mit angetriebene gesellschaftliche Entwicklung haben mich im letzten Jahrzehnt intensiv beschäftigt und zu mehr als 60 Veranstaltungen durch das Land Reisen lassen (neben meiner beruflichen Tätigkeit in der politischen Bildung in Bremen). Spätestens mit der Trump-Präsidentschaft trat das Phänomen der #Drohnenkriege in eine neue Phase ein, als Teil des „globalen Kriegs gegen den Terror“ haben sie eine traurige Normalität erlangt. Der Gebrauch unbemannter Technologie in bewaffneten Konflikten hat seitdem eine neue Qualität erreicht, was sich nicht zuletzt im Rahmen des brutalen Kriegs Russlands gegen die Ukraine zeigt. Mehr dazu, sobald ich Zeit dafür finde…Hier erstmal mein Text von vor fünf Jahren:

Conflict driven technological change

Im November 2018 habe ich an der Chinesischen Universität für Politikwissenschaft und Recht in Peking unter anderem an einem Workshop zum Thema Governance und Technologischer Wandel teilgenommen und zur Frage gesprochen, wie Regierungen technologischen Wandel im militärischen Bereich ermöglichen und mit initiieren – am Beispiel des zunehmenden und massiven Einsatzes unbemannter Technologie in den letzten 20 bis 30 Jahren.  Zum Text.

13. September 2023

Freiheit für Boris Kagarlitsky!

Einladung zum öffentlichen Protesttreffen „Freiheit für Boris“ in Bremen:

Samstag, 16. September, um 14 Uhr am Bremer Roland

Boris Kagarlitsky in Russland in Haft

 Wir sind schockiert und entsetzt darüber zu erfahren, dass am 25. Juli der prominente russische sozialistische Denker Boris Kagarlitsky in Moskau unter konstruierten Anschuldigungen des "Rechtfertigens von Terrorismus" verhaftet wurde. 

Boris Kagarlitsky ist ein akademischer Gelehrter, dessen soziologische und philosophische Arbeiten weltweit bekannt sind. Seine Artikel, Bücher und Interviews werden in vielen Sprachen veröffentlicht. Er ist ein führender russischer Intellektueller, dessen Arbeit seinem Land in der globalen Akademie Anerkennung verschafft hat. Seit mehreren Jahrzehnten bleibt Kagarlitsky eine einflussreiche Figur sowohl in Russland als auch weltweit und trägt wesentlich dazu bei, globale Herausforderungen zu verstehen und für den Fortschritt der Menschheit zu kämpfen. Eine ganze Generation von Gelehrten, Aktivisten und Politikern hat Russland und seinen Platz in der Weltgemeinschaft durch seine Bücher besser verstanden. 

 

Der eigentliche Grund für die Repressionen gegen Kagarlitsky liegt darin, dass er seit Februar 2022 konsequent die Aggression gegen die Ukraine angeprangert hat, und dabei betont hat, dass dieser barbarische Krieg nicht nur dem ukrainischen Volk, sondern auch gewöhnlichen Russen unsäglichen Schaden zufügt. Obwohl viele von uns in der Vergangenheit nicht mit Kagarlitsky übereingestimmt haben, erkennen und loben wir, wie mutig er sich gegen die bedauernswerten Entscheidungen der russischen Regierung ausgesprochen hat und einer der seltenen öffentlichen Stimmen in Russland geblieben ist, die sich gegen den Krieg aussprechen. Er ist im Land geblieben und führt den YouTube-Kanal "Rabkor", wo er weiterhin gegen die Militarisierung kämpft und tiefgreifende Veränderungen in Russland fordert. 

18. März 2021

Studie zum Drohnenprogramm der Bundeswehr

Heute veröffentlicht die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Studie von Matthias Monroy zum Drohnenprogramm der Bundeswehr. Zusammen mit Ingar Solty und Henning Obens durfte ich die Veröffentlichung betreuen und das Vorwort mitverfassen: Der lange Weg zur Drohnenmacht – Unbemannte Systeme bei der Bundeswehr. – Meine 2 Cent: Anstatt auf eine Entwicklung von eigenen bewaffneten Kampfdrohnen zu setzen, sollte die Bundeswehr lieber führend bei der Entwicklung und Bereitstellung von Drohnen-Abwehr-Systemen werden.


Obendrauf gibt es zur Studie ein A2-Poster in Anlehnung an den Drone Survival Guide von Ruben Pater, den German Drone Survival Guide (PDF) mit Illustrationen aller bekannten Drohnen der Bundeswehr. Die Piktogramme wurden von Johanna Hoffman gestaltet.

9. Juli 2020

Der Fall Julian Assange, Wikileaks und die politische Bildung

Vor 14 Tagen gab es eine neue Entwicklung im Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange, der in Großbritannien in Auslieferungshaft sitzt und dem für seine Enthüllungen, vor allem über die Kriegsverbrechen der USA (siehe z.B. das „Collateral Murder“ Video), dort schwere Strafen drohen. Das US-Justizministerium (DOJ) veröffentlichte nun eine aktualisierte und erweiterte Anklageschrift, in welcher zahlreiche neue Vorwürfe aufgeführt werden.
- Die Pressemitteilung des DOJ: https://www.justice.gov/opa/pr/wikileaks-founder-charged-superseding-indictment
- Das PDF der ersetzten Anklageschrift: https://www.justice.gov/opa/press-release/file/1289641/download

Ein Teil der Argumentation des DOJ geht von einer Verschwörung beim Hacken von Computern aus. Demnach hätten „Assange und andere“ dafür breit rekrutiert, Netzwerke zu hacken, damit Wikileaks davon profitiere.
- Eine gute Analyse dazu findet sich hier: https://shadowproof.com/2020/06/25/assange-indictment-wikileaks-staff-criminalized-help-snowden/

Das Erstaunliche ist nun, dass eine meiner Bildungsveranstaltungen Teil dieser Anklageschrift ist und in den Zusammenhang dieser angeblichen Verschwörung gestellt wird. Es handelt sich um ein gut besuchtes Event im Berliner Club „about blank“ unter dem Motto “After the Summer of Snowden”, welches ich mit weiteren KollegInnen der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum zweiten Jahrestag der Enthüllungen von Edward Snowden zur weltweiten Totalüberwachung am 12. Juni 2015 organisiert hatte; mit Sarah Harrison und Jacob Appelbaum als SprecherInnen und mit mir als Moderator.
- Der Veranstaltungsbericht: https://digitale-demokratie.org/after-the-summer-of-snowden-bericht-990488bd05e1

Dieses Konstrukt des DOJ erinnert mich stark an politische Kriminalisierung in der Bundesrepublik mittels des Paragrafen 129a und dem Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung sowie der Werbung für eine solche. Mit diesem Vorgehen des DOJ wird nicht nur die freie Rede in Frage gestellt, sondern potentiell auch unsere legitime politische Bildungsarbeit mit kriminalisiert. Beides sollte unseren entschlossenen Widerspruch hervorrufen. Diese Angriffe auf demokratische Institutionen der Bundesrepublik und die haltlosen Anschuldigungen sind zurückzuweisen.

5. Juni 2020

Sieben Jahre Snowden-Enthüllungen

Heute ist Jahrestag der Enthüllung der weltweiten Totalüberwachung durch Edward Snowden vor sieben Jahren. Unter dem Titel After the Summer of Snowden hatte ich zum ersten Jahrestag für die Rosa-Luxemburg-Stiftung aufgeschrieben, warum wir eine politische Agenda gegen die Totalüberwachung brauchen. Nach erneuten Lesen finde ich darin noch immer eine ganze Menge Uneingelöstes...

Citizenfour Poster

Das Bild von Edward Snowden ist ein Filmplakat für den hervorragenden Dokumentarfilm CITIZENFOUR von Laura Poitras.

14. Dezember 2018

Bremen 2019

Vor fast drei Jahren verstarb Ende Dezember 2015 überraschend mein Freund Gerhard Arndt im Alter von 76 Jahren. Gerd war engagierter Kommunalpolitiker für die Linkspartei im Bremer Stadtteil Hemelingen. Eigentlich sollte ich ihm nach den Bürgerschaftswahlen im Mai 2015 nur den Innenausschuss des Beirates abnehmen: Als sachkundiger Bürger, mit vielleicht fünf Terminen im Jahr. Nach Gerds Tod habe ich dann das Mandat im Beirat Hemelingen übernommen. Ich hatte so ein Mandat vorher nicht gewollt, insbesondere da meine Tätigkeit für die Rosa-Luxemburg-Stiftung viele Abendtermine mit sich bringt und ich zudem Vater zweier Söhne bin. Zudem wusste ich, dass die Gestaltungsspielräume und Rechte eines Bremer Beirats recht schmal bemessen sind. Allerdings konnte ich als letzter Nachrücker auf der Liste, nachdem andere wegen schwerer Krankheit schon ausgeschieden waren, das Mandat nicht einfach durch Nichtannahme verfallen lassen und habe mich der Aufgaben angenommen, so gut ich konnte.

Nach drei Jahren ziehe ich tatsächlich eine überraschend positive Bilanz: Neben doch einigen Ohnmachtserlebnissen und dem gelegentlichem Gefühl von erfolglos verstrichener Lebenszeit, habe ich auch einige gute Erfahrungen gemacht und schließlich auch den Eindruck gehabt, wenigstens ein paar Impulse setzen zu können.

30. November 2018

Conflict driven technological change

Im November 2018 habe ich an der Chinesischen Universität für Politikwissenschaft und Recht in Peking unter anderem an einem Workshop zum Thema Governance und Technologischer Wandel teilgenommen und zur Frage gesprochen, wie Regierungen technologischen Wandel im militärischen Bereich ermöglichen und mit initiieren – am Beispiel des zunehmenden und massiven Einsatzes unbemannter Technologie in den letzten 20 bis 30 Jahren. Hier mein Vortragsskript, der Text wird voraussichtlich noch veröffentlicht; bei Bedarf bitte gegebenenfalls Rücksprache mit mir halten.

Conflict driven technological change (Beijing edition)

Input by Norbert Schepers at the Forum “Modern Governance and the Challenge of Rapid Technological Change”, on November 10, 2018 at the China University of Political Science and Law.
· The rapid technological development, especially digital technological change, not only changes people's lives, but also profoundly changes the operating environment of public politics, and challenges modern governance. How does the rapid change of technology change the content and form of modern governance? How should the government, in face of the challenge of technological change, deal with numerous governance issues?
· Around these problems, the School of Political Science and Public Administration (SPSPA) of China University of Political Science and Law and the Rosa Luxemburg Stiftung (RLS) Beijing Office jointly organized an academic forum on "Modern Governance and the Challenge of Rapid Technological Change", inviting experts and scholars from different fields to conduct a dialogue on this issue.
Technological change is not necessarily a force which only pushes governments forward in a dynamic process – and with which governments struggle to keep pace with – but also one which in its beginning may be unleashed by governmental initiative and resources. So we must acknowledge that we have also to look at technological change driven by governments.

I am a political scientist and one of my interests lies in the field of the complex relationship between technological development and society, especially in conflict and warfare. Technology is of course a transformative force in our societies and at the same time the production of our technologies is driven by conflict: to say the least, research and development are more likely assigned with relevant resources if a new technology is promising to give advantage in a major conflict.

My example I want to talk about today are the Drone Wars – by which I understand the phenomena of growing and massive use of unmanned technology by the US military and their allies in the last 20 to 30 years – and about the historical and technological background of this development.