Der Krieg im Irak und in Syrien ist der Ausgangspunkt für eine Reihe
von politischen Auseinandersetzungen, welche innerhalb der deutschen und
der internationalen Öffentlichkeit geführt werden. Die
Vernichtungskampagne des
Islamischen Staates (nicht nur, aber
insbesondere) gegen die kurdische und yezidische Bevölkerung im Irak und
in Syrien wirft viele Fragen auf: Zum Konflikt selbst, zu seinen
Hintergründen und natürlich zum Umgang damit – auch für die Linke
insgesamt.
Syrien und Irak: Global War on Terrorism reloaded?
Während der
globale Krieg gegen den Terrorismus nach dem Scheitern des
Arabischen Frühlings in mehreren Ländern in eine neue Runde geht, hat sich die Organisation
Islamischer Staat
im Irak und in Syrien (ehemals ISIS) zu etwas Neuem transformiert:
Von einer kleinen, radikalislamistischen Gruppe die 2003 am Aufstand
gegen die Besatzung des Irak teilnahm, zur wohl erfolgreichsten und
mächtigsten dschihadistischen Organisation der Welt; mehr transnationale
Aufstandsbewegung als klassische Terrorgruppe. Der
Islamische Staat hat seinen Ursprung im
Al-Qaida-Netzwerk
in verschiedener Hinsicht längst hinter sich gelassen, kontrolliert nun
erhebliche Gebiete in Syrien und im Irak und ist
dabei, tatsächlich so etwas wie einen islamischen Staat nach seiner
Vorstellung zu schaffen, die Keimzelle eines neuen Kalifats.
Wer über Maßnahmen gegen den
Islamischen Staat
reden möchte, sollte nicht vergessen, dass der weltweite
Antiterrorkrieg bereits seit über 13 Jahren geführt wird. Fast alle
Länder, in denen dieser Krieg besonders intensiv geführt wurde, stehen
heute näher am Abgrund als zuvor: vor allem Irak, Pakistan, Somalia, Yemen und auf
andere Art auch Lybien, Syrien und teilweise Ägypten. In Afghanistan
bleibt der imminente Abzug der NATO abzuwarten, die Rückkehr der Taliban
hat allerdings längst begonnen (und manche sagen, wirklich weg waren sie nie).
Die Aufarbeitung der Geschichte des Antiterrorkrieges, sowie natürlich
dessen globale Vorgeschichte, kann als eine wesentliche Grundlage für eine
Auseinandersetzung mit der aktuellen Lage im Nahen und Mittleren Osten
angesehen werden.
Was die öffentliche Debatte und linke Bildungsarbeit ebenso leisten
sollte: Einen Überblick über die Ereignisse,
Hintergründe und Akteure herstellen und mit entsprechenden
Bildungsangeboten aufarbeiten, welche gesellschaftlichen Entwicklungen
zu diesen Konflikten hinführten und welche Kräfte und Interessen sich
jeweils gegenüberstehen. Es muss versucht werden, monokausale, pauschalisierende und auf
Ressentiments basierende Erklärungsmuster dabei abzubauen.
Teil der Aufklärungsarbeit sollte ebenso die Information über Kurden
und Yeziden sein, Anknüpfungspunkte hierfür bieten die lokalen
migrantischen Communities.
Wohin führt die linke Debatte?
Wie kann und soll dem
Islamischen Staat begegnet werden? Wie will die Linke den Opfern des
Islamischen Staates (und anderer dschihadistischer Gruppen) helfen und beistehen? Unter welchen Bedingungen sind Linke dann doch
für Interventionen und Einsatz militärischer Mittel bzw.
Waffenlieferungen? Oder sollte es bei den Debatten, die auf die Kämpfe
um
Shingal und
Kobane folgten, nicht eher um
Selbstverteidigung und
Hilfe zur Selbsthilfe gehen?
Generellere Folgerungen richten völlig zu Recht den Blick auf die UNO, denn Debatten über rechtliche Grundlagen militärischer Intervention zur Terrorbekämpfung und über dessen konkrete Ausgestaltung sind derzeit gesellschaftlich völlig marginalisiert: Wie bringen wir Völkerrecht,
Rule of Law
und legitime internationale Institutionen "zurück ins Spiel"? Ist die
Schlacht um Kobane dafür aber der geeignete Ausgangspunkt? Wird der Verweis
auf die UN und die Koppelung jeglicher politischer Initiative an einen
Beschluss des UNSC nicht zur puren Fundi-Ideologie, wenn Linke doch
sonst strömungsübergreifend das Scheitern der internationalen
Mechanismen feststellen und genau wissen, es wird im Sicherheitsrat
keinen substantiellen Beschluss zu einer Hilfe für die KurdInnen geben? Was sind Vorschläge zur
Reform der UNO, und wo sind die Initiativen der Linken dazu?
Was
sind die sicherheitspolitischen Vorstellungen, mit denen die Linke den
Phänomenen wie dem globalen Dschihadismus, dem internationalen
Terrorismus und (teilweise neuen) Entwicklungen wie dem
Islamischen Staat (transnationale Aufstandsbewegung) und daraus resultierenden, asymmetrisch geprägten Auseinandersetzungen begegnen will?