7. Mai 2015

Kleine Bilanz meiner Veranstaltungstour "The Drone Wars - Die Drohnenkriege"

Veranstaltungstournee der Bremer Rosa-Luxemburg-Stiftung zur Einführung in das Thema Drohnenkriege

Die Drohnenkriege sind Ausdruck einer rasanten Entwicklung: vom „Krieg gegen den Terror“ nach 9/11 zur Kriegsführung der Zukunft. Einer Zukunft, die gelegentlich der Science Fiction zu entstammen scheint, in der Roboter die schmutzigen Kriege der Menschen kämpfen und sich schließlich gegen ihre Schöpfer erheben. Letzteres liegt noch längst nicht im Bereich des Möglichen, aber Wege zur Erschaffung autonomer Kampfroboter werden bereits beschritten. Der Vortrag ordnet das Phänomen des Drohnenkrieges sicherheitspolitisch ein und bietet einen Ausblick auf künftige Entwicklungen. Internationale Institutionen und Normen sowie humanitäre Rechtsordnungen erodieren beschleunigt unter dem Druck der unbemannten und automatisierten Kriegsführung.



Unter der Fragestellung „Vom Krieg gegen den Terror zu den Roboterkriegen der Zukunft?“ finden ganzjährig laufend bundesweit Veranstaltungen mit dem Referenten Norbert Schepers, Politikwissenschaftler und Leiter des Bremer Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), bei verschiedenen VeranstalterInnen statt, darunter zahlreiche Landesstiftungen der RLS sowie weitere KooperationspartnerInnen. Eine kleine Kampagnen-Website zur Veranstaltungstournee bietet einen Abstract des Vortrages und Texte zu verschiedenen Aspekten des Themas, eine Terminübersicht und nicht zuletzt ein einstündiges Vortrags-Video sowie weiterführende Links, siehe http://norbert.schepers.info/p/the-drone-wars.html.

Das Vortragsangebot »The Drone Wars – Die Drohnenkriege« entstand aus einer ersten, experimentellen Veranstaltung im Rahmen des 2013 neu gestarteten „jour fixe“ der Bremer Rosa-Luxemburg-Stiftung und wurde sogleich von anderen Landesstiftungen angefragt, so dass es als Serviceleistung aus Bremen den anderen Ländern angeboten wurde, und inner- wie außerhalb der RLS-Stiftungsverbundes rege Resonanz fand: Gut zwei Dutzend Termine in etwas mehr als einem Jahr, insgesamt über dreißig. Aus unserer Sicht eine gelungene bundesweite Kooperation und auch ein gutes Beispiel, wie sonst oft als „dröge“ empfundene gesellschaftliche Fragen in Bezug auf Technik und Sicherheitspolitik anschaulich und fesselnd erklärt werden können.

“Let’s kill the people who are trying to kill us”

Das kürzliche Eingeständnis der U.S. Regierung, dass ein Drohnenschlag im Januar auch zwei westliche Geiseln tötete, hat die Kritik an den Drohnenkriegen noch einmal bestärkt: Obwohl die Drohnen als präzise Technologie gepriesen werden, sind die Behörden oft unsicher, wer bei den Angriffen sterben wird. Jede unabhängige Untersuchung bestätigt die verstörende Wahrheit, dass das Versprechen einer “beinahe Gewissheit, dass keine Zivilisten getötet oder verletzt werden” (U.S. Präsident Barack Obama) falsch ist, und dass weit mehr Zivilisten bei den Drohnenangriffen sterben, als bisher zugegegeben wird.
Micah Zenko, a scholar at the Council on Foreign Relations and lead author of a 2013 study of drones, said the president’s statement “highlights what we’ve sort of known: that most individuals killed are not on a kill list, and the government does not know their names.”
Siehe Scott Shane Drone Strikes Reveal Uncomfortable Truth: U.S. Is Often Unsure About Who Will Die (New York Times, 23.04.2015)

Nicht minder verstörend: Die Herkunft der Opfer erst scheint den Nachrichtenwert auszumachen.
Dazu auch Glenn Greenwald: The Key War On Terror Propaganda Tool: Only Western Victims Are Acknowledged (The Intercept, 24.04.2015).





Veranstaltungshinweis:

“Let’s kill the people who are trying to kill us” (Barack Obama)


Der weltweite „Krieg gegen den Terror“ stellt das grundlegende Recht auf Leben in Frage:
Das Beispiel der Drohnenkriege.
Vortrag und Diskussion mit Norbert Schepers

Freitag, 5. Juni 2015, um 18:00 Uhr
Altes Sportamt, Auf dem Peterswerder 44, 28205 Bremen

Eine Veranstaltung
mit anschließendem Konzert im Rahmen des Festival contre le Racisme Bremen, welches 2015 vom 3. bis zum 14. Juni stattfindet. Mehrsprachige Übersetzung wird angeboten.

Wir blicken bald zurück auf 14 Jahre „globalen Krieg gegen den Terror“* der USA und ihrer Verbündeten, welcher auf die Anschläge vom 11. September 2001 folgte. Nur vor diesem Hintergrund erklärt sich die enorme Konjunktur der Drohnenkriege**. Die Tötungseinsätze ferngesteuerter, unbemannter und bewaffneter Drohnen dienen der gezielten Tötung (Targeted Killing) von vermuteten Mitgliedern terroristischer Gruppen. Die Drohnenschläge sind das prägnanteste Gesicht dieses immer weiter eskalierenden und entgrenzten Krieges*** geworden; die militärischen und paramilitärischen Methoden, mit denen gegen Terrorismus gekämpft wird, sind insgesamt heftig umstritten. Der weltweite „Krieg gegen den Terror“ stellt zugleich das grundlegende Recht auf Leben in Frage. Wer stirbt, und warum, wird meistens geheim gehalten. Das Beispiel der Drohnenkriege zeigt auch die weltweite Ungleichheit in der Frage, wer eigentlich Ziel dieser Tötungseinsätze wird, welche Opfer öffentlich anerkannt werden – und welche nicht.

19. Dezember 2014

„Drohnenpolitik“

Drohnenkriege und linke Sicherheitspolitik

Kampfdrohnen sind zu einem vielbeachteten Phänomen geworden. Ihr kriegerischer Einsatz reicht bis zum Ersten Weltkrieg zurück, als unbemannte Doppeldecker mit tödlicher Bombenfracht (Kettering Bug) zum Einsatz kamen. Ihren Durchbruch erlebten die Drohnen, als nach den Debakeln der Weltmächte in Vietnam und in Afghanistan asymmetrische Konflikte zunahmen und der Fortschritt in der Informationstechnik die Steuerung und Datenauswertung nahezu in Echtzeit ermöglichte. Mit dem ‚globalen Krieg gegen den Terrorismus’ nach 9/11 verlor die Drohnentechnologie endgültig ihr Nischendasein. Der Einsatz ferngesteuerter und unbemannter Fluggeräte veränderte das Gesicht der modernen Kriegsführung. Ein neues Wettrüsten ist in Gang gesetzt, in dem relativ unabhängig agierende Killerroboter entwickelt werden. Internationale Institutionen und Normen sowie humanitäre Rechtsordnungen erodieren beschleunigt unter dem Druck der automatisierten Kriegsführung.

Reaper-Drohne mit Hellfire-Rakete (Bildmontage), Quelle: Michael Hahn
 

Jagd auf Terroristen

‚Drohnenschläge’ als Tötungseinsätze gegen vermutete Mitglieder terroristischer Gruppen werden erst seit einigen Jahren öffentlich debattiert. Bekannt wurden insbesondere US-amerikanische Drohnen der Typen Predator und Reaper, die mit Hellfire-Raketen Bodenziele beschießen und ‚gezielte Tötungen’ vornehmen. Diese Einsätze – derzeit vor allem in Afghanistan, Pakistan, Somalia und Yemen – sind zu einem wesentlichen Mittel des weltweiten ,Antiterrorkrieges’ der USA und ihrer Verbündeten geworden. Diese Form der ‚Jagd auf Terroristen’ ist alles andere als präzise. Bei den Explosionen, mit denen die Terrorverdächtigen quasi hingerichtet werden, sterben immer wieder Unbeteiligte und Zivilisten. Wer stirbt, wird deshalb meist geheim gehalten. Es geht um Tötungen auf Verdachtsgrundlage in einem verdeckten, weltweiten ‚schmutzigen‘ Krieg. Das Londoner Bureau of Investigative Journalism zählt allein für Pakistan von 2004 bis 2014 mindestens 400 Drohnenschläge, davon 349 unter der Regierung Obama.[1] Dabei wurden – je nach Schätzung - zwischen 2 379 und 3 851 Menschen getötet. Zwischen 416 und 957 davon waren Zivilisten, darunter sechs bis neun Kinder. Weitere 78 bis 196 Menschen wurden verletzt. Gerade einmal vier Prozent der Getöteten konnten aufgrund verfügbarer Quellen als Mitglieder von Al-Qaida identifiziert werden.[2] Die Behauptung, es würden mit nahezu absoluter Sicherheit identifizierte, hochrangige Mitglieder des Al-Qaida-Netzwerkes getroffen, ist falsch.

24. November 2014

Was folgt aus dem Krieg im Irak und in Syrien für die Linke?

Der Krieg im Irak und in Syrien ist der Ausgangspunkt für eine Reihe von politischen Auseinandersetzungen, welche innerhalb der deutschen und der internationalen Öffentlichkeit geführt werden. Die Vernichtungskampagne des Islamischen Staates (nicht nur, aber insbesondere) gegen die kurdische und yezidische Bevölkerung im Irak und in Syrien wirft viele Fragen auf: Zum Konflikt selbst, zu seinen Hintergründen und natürlich zum Umgang damit – auch für die Linke insgesamt.

Syrien und Irak: Global War on Terrorism reloaded?
Während der globale Krieg gegen den Terrorismus nach dem Scheitern des Arabischen Frühlings in mehreren Ländern in eine neue Runde geht, hat sich die Organisation Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ehemals ISIS) zu etwas Neuem transformiert: Von einer kleinen, radikalislamistischen Gruppe die 2003 am Aufstand gegen die Besatzung des Irak teilnahm, zur wohl erfolgreichsten und mächtigsten dschihadistischen Organisation der Welt; mehr transnationale Aufstandsbewegung als klassische Terrorgruppe. Der Islamische Staat hat seinen Ursprung im Al-Qaida-Netzwerk in verschiedener Hinsicht längst hinter sich gelassen, kontrolliert nun erhebliche Gebiete in Syrien und im Irak und ist dabei, tatsächlich so etwas wie einen islamischen Staat nach seiner Vorstellung zu schaffen, die Keimzelle eines neuen Kalifats.
Wer über Maßnahmen gegen den Islamischen Staat reden möchte, sollte nicht vergessen, dass der weltweite Antiterrorkrieg bereits seit über 13 Jahren geführt wird. Fast alle Länder, in denen dieser Krieg besonders intensiv geführt wurde, stehen heute näher am Abgrund als zuvor: vor allem Irak, Pakistan, Somalia, Yemen und auf andere Art auch Lybien, Syrien und teilweise Ägypten. In Afghanistan bleibt der imminente Abzug der NATO abzuwarten, die Rückkehr der Taliban hat allerdings längst begonnen (und manche sagen, wirklich weg waren sie nie).
Die Aufarbeitung der Geschichte des Antiterrorkrieges, sowie natürlich dessen globale Vorgeschichte, kann als eine wesentliche Grundlage für eine Auseinandersetzung mit der aktuellen Lage im Nahen und Mittleren Osten angesehen werden.
Was die öffentliche Debatte und linke Bildungsarbeit ebenso leisten sollte: Einen Überblick über die Ereignisse, Hintergründe und Akteure herstellen und mit entsprechenden Bildungsangeboten aufarbeiten, welche gesellschaftlichen Entwicklungen zu diesen Konflikten hinführten und welche Kräfte und Interessen sich jeweils gegenüberstehen. Es muss versucht werden, monokausale, pauschalisierende und auf Ressentiments basierende Erklärungsmuster dabei abzubauen. Teil der Aufklärungsarbeit sollte ebenso die Information über Kurden und Yeziden sein, Anknüpfungspunkte hierfür bieten die lokalen migrantischen Communities.

Wohin führt die linke Debatte?
Wie kann und soll dem Islamischen Staat begegnet werden? Wie will die Linke den Opfern des Islamischen Staates (und anderer dschihadistischer Gruppen) helfen und beistehen? Unter welchen Bedingungen sind Linke dann doch für Interventionen und Einsatz militärischer Mittel bzw. Waffenlieferungen? Oder sollte es bei den Debatten, die auf die Kämpfe um Shingal und Kobane folgten, nicht eher um Selbstverteidigung und Hilfe zur Selbsthilfe gehen?
Generellere Folgerungen richten völlig zu Recht den Blick auf die UNO, denn Debatten über rechtliche Grundlagen militärischer Intervention zur Terrorbekämpfung und über dessen konkrete Ausgestaltung sind derzeit gesellschaftlich völlig marginalisiert: Wie bringen wir Völkerrecht, Rule of Law und legitime internationale Institutionen "zurück ins Spiel"? Ist die Schlacht um Kobane dafür aber der geeignete Ausgangspunkt? Wird der Verweis auf die UN und die Koppelung jeglicher politischer Initiative an einen Beschluss des UNSC nicht zur puren Fundi-Ideologie, wenn Linke doch sonst strömungsübergreifend das Scheitern der internationalen Mechanismen feststellen und genau wissen, es wird im Sicherheitsrat keinen substantiellen Beschluss zu einer Hilfe für die KurdInnen geben? Was sind Vorschläge zur Reform der UNO, und wo sind die Initiativen der Linken dazu?
Was sind die sicherheitspolitischen Vorstellungen, mit denen die Linke den Phänomenen wie dem globalen Dschihadismus, dem internationalen Terrorismus und (teilweise neuen) Entwicklungen wie dem Islamischen Staat (transnationale Aufstandsbewegung) und daraus resultierenden, asymmetrisch geprägten Auseinandersetzungen begegnen will?

30. Oktober 2014

Global Rally for Kobanê

Der Kampf um die nordsyrische Stadt Kobanê hat übergreifende Bedeutung, sowohl wegen der Solidarität mit den Menschen, die sich dort verteidigen, als auch wegen dem Symbol, zu dem diese Stadt geworden ist: Die Frontlinie gegen eine der reaktionärsten Bewegungen unserer Zeit.


Am 1. November 2014 findet der Internationale Aktionstag für die Solidarität mit Kobanê statt, ich rufe mit dazu auf. – Unterstützt den kurdischen Widerstand!

26. September 2014

Fly Kites Not Drones in Bremen

Mach mit! Erster globaler Aktionstag gegen Kampf- und Überwachungsdrohnen – 4. Oktober 2014
Bremen: "Drachen gegen Drohnen" – Protest gegen gezielte Tötungen
Am Osterdeich, zwischen Bürgerhaus und Sielwall; am Samstag, 04.10.2014 um 16 Uhr.
Zum weltweiten Aktionstag gegen die Nutzung von Drohnen zur Überwachung und zum Töten lassen wir auch in Bremen gemeinsam Drachen steigen.
Bremer Themenschwerpunkt soll der Protest gegen das „Targeted Killing“, das gezielte Töten von Terrorverdächtigen sein.
Und bringt Drachen mit!

Join us! Oct. 4th - Global Action Day Against the Use of Drones for Surveillance and Killing
Bremen: "Fly Kites Not Drones in Bremen" -- Protest against targeted killings
Meeting point: Am Osterdeich, between Bürgerhaus and Sielwall; 4 pm
For the global actionday against the use of drones for surveillance and killing we will also fly kites in Bremen together.
Bremer focal point will be the protest against the "targeted killing”.
Do not forget your kite!

11. September 2014

Erster Weltkrieg und Drohnen

Drohnen (unbemannte, ferngesteuerte Flugzeuge) werden von den Militärs schon wesentlich länger eingesetzt, als allgemein bekannt ist: "Die Kettering Bug​​ … wurde im Ersten Weltkrieg entwickelt. Es war ein Bomben tragender, unbemannter Doppeldecker, welcher auf einem vorher festgelegten Kurs zu seinem Ziel flog." Siehe Ron Miller, The First Drones, Used in World War I (io9.com)

Bildquelle: Wikimedia

Meine Veranstaltung zum Thema Drohnenkrieg berichtet auch über diese Anfänge und kommt heute auch mal wieder nach Bremen: Donnerstag, 11.09.2014 in Bremen, um 19 Uhr im Übersee-Museum. Diese Veranstaltung findet sowohl im Rahmen des Bremer Weltkriegsgedenkens 1914-2014, als auch aus Anlass des heutigen Jahrestages der Anschläge gegen die USA im Jahre 2001 statt. Seit 9/11 haben wir einen 13 Jahre andauernden Krieg, der kein Ende findet: Der "globale Krieg gegen den Terror", dessen nächste Runde im Irak und in Syrien längst begonnen hat…

21. August 2014

46 Jahre Prager Frühling

In Prag wurde vor vierzig Jahren endgültig die letzte Chance der Staaten des Warschauer Paktes für einen freiheitlichen Sozialismus vergeben. Vierzig Jahre danach sollte der Zeitpunkt für einen neuen Konsens in der Linken gekommen sein: Das Scheitern der „realsozialistischen Staaten“ von 1989 war letztlich eine notwendige Etappe, um das uneingelöste Projekt des Sozialismus und der menschlichen Emanzipation wieder voranbringen zu können.
Die letzte Chance verpasst: Zum 40. Jahrestag der Intervention des Warschauer Paktes in der ČSSR und zum gewaltsamen Ende des Prager Frühlings, vom 21.08.2008; nachzulesen auf der Website des Magazins »prager frühling«.