Der hartnäckigen Frage von taz-Parlamentskorresponentin Ulrike Herrmann beim Interview am Rande des Europäischen Sozialforums in Malmö nach dem revolutionären Subjekt und ihrem Verweis auf den momentanen Abschwung der globalisierungskritischen Bewegung entgegnet Hardt:
Bewegungen funktionieren nicht nach der Logik: Je umfassender die Krise, desto gewaltiger der Zulauf. Die französische Revolution hat auch nicht in jenen Jahren stattgefunden, als der Hunger am größten war.Und weiter mit treffenden Bemerkungen zur Krise der globalisierungskritischen Bewegung und einigen Ursachen:
Die sozialen Bewegungen sollten nicht versuchen, sich wieder ein einziges Programmziel zuzulegen, das von einer zentralen Parteiführung beschlossen und von einigen wenigen Rednern transportiert wird.
Das klingt ja, als würden sich die Globalisierungskritiker zu einer Art kommunistischen Internationale entwickeln.
Von 2003 bis 2006 war die Bewegung sehr zentralisiert, und vielleicht war es auch unumgänglich, sich nur noch auf den Irakkrieg und die Anti-Bush-Kampagnen zu konzentrieren. Aber gleichzeitig ging der Spaß verloren, die Freude am Experiment und an der Vielfalt.
Braucht eine Bewegung nicht einen klaren Gegner wie eben Bush?
Das war ein Rückschritt zu einer älteren Form des linken Aktivismus. Wieder wurde von der falschen Prämisse ausgegangen, dass die USA noch die globale Politik diktieren könnten. Dabei waren die Globalisierungskritiker zwischen 1999 und 2003 schon weiter und haben mit verschiedenen Gegnern experimentiert: WTO, EU, G 8, IWF, Weltbank. Das war eine sehr intelligente Form der Theoriebildung, wie die neue globale Struktur aussehen könnte: Die Macht ist heutzutage auf Knoten in einem Netzwerk verteilt.
Und wie geht es weiter?
Jetzt beginnt ein neuer Zyklus des sozialen Widerstands, nachdem Bushs Antiterrorkrieg gescheitert ist. Die Kreativität und die Lust an der Vielfalt sind zurückgekehrt. Der Widerstand gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm war da ein Anfang. (...)