4. Dezember 2007

ASOG-Novelle / Polizeigesetz Berlin

Da die Debatte um die Novellierung des Berliner Allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetzes (ASOG) in Teilen der Linken intensive Beachtung gefunden hat, an dieser Stelle eine kurze Nachbetrachtung.

• Die erste nachvollziehbare Kritik am Gesetzesentwurf kam von Mitgliedern der Partei DIE LINKE aus Berlin und Sachsen (im September 2007):

Ich liebe doch alle Menschen!

• Mitglieder der LINKEN aus Berlin und Sachsen wenden sich mit einem offenen Brief gegen die Verschärfung des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) und die Logik des "Es hätte ja noch schlimmer kommen können"

Ich liebe doch alle Menschen. Das sagte Erich Mielke kurz nach dem Fall der Mauer. Und weil der Mielke alle so sehr liebte, hat er die Menschen von der Stasi überwachen lassen, denn trotz aller Liebe sah er jede Bürgerin und jeden Bürger auch als potenziellen Staatsfeind. SPD-Senator Körting liebt auch alle Menschen. Doch wie seine Kollegen Schily oder Schäuble findet der Innensenator auch, dass jeder Mensch ein potenzieller Terrorist ist. Deshalb will er das Berliner Polizeigesetz verschärfen. Mit Videoüberwachung und Handyortung. ...

Siehe asog.linkeblogs.de

• Bilanz von Mark Seibert, Berlin, einem der Erstunterzeichner vorigen Aufrufes:

Eine schwere Niederlage

... Es ist eine schwere Niederlage, dass diese Gesetzesänderung vorausichtlich in der kommenden Woche von SPD und Linksfraktion im Abgeordnetenhaus beschlossen wird. Versuche, dies zu verhindern, sind offenbar gescheitert. Da ist es im Prinzip nachvollziehbar, dass DIE LINKE einerseits in Berlin mit Kritik bedacht wird und andererseits auch die Bundespolitiker der LINKEN sich einiges anhören müssen. Es gibt wenig zu beschönigen: Die Regelungen sind eine Niederlage für die Bürgerrechte, sie sind überwiegend schwammig, unpräzise und werden logisch dazu führen, dass Befugnisspielräume unbillig ausgedehnt werden. Wir alle wissen, dass Videoüberwachung nicht etwa mehr Sicherheit bringt, sondern vor allem Verdrängung, dass der Überwachungsdruck die Gesellschaft verändert, weil er das Handeln der Menschen verändert und manipuliert. Schlichend, still und kaum merkbar. Und ich kenne niemanden bei der LINKEN in Berlin, der das anders sieht.

Umso interessanter ist es, einen Blick darauf zu werfen, warum zur Hölle dieses schlechte Gesetz dann trotzdem zustande kommt. Die Antwort könnte kurz ausfallen: Weil die SPD es so will. Das reicht aber nicht unbedingt aus zu erklären, warum Leute, eben der Koalitionspartner der SPD, die das Gesetz ablehnen, dennoch ihre Hand dafür heben werden. ...

Siehe www.mark.linkeblogs.de

• Evrim Baba, MdA DIE LINKE Berlin, Erklärung zur Abstimmung:

Persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten beim ASOG
22. November 2007: Gesetzentwurf zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und des Berliner Datenschutzgesetzes

Ich habe mich nach reiflicher Überlegung und nach bestem Wissen und Gewissen entschieden, dem Gesetzentwurf zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und des Berliner Datenschutzgesetzes nicht zuzustimmen. ...

Siehe www.evrimbaba.de

• Dokumentation auf der Website von Evrim Baba zur Debatte um den ASOG-Gesetzentwurf, u.a. mit den Positionspapieren beider Seiten innerhalb DER LINKEN Berlin:

Siehe www.evrimbaba.de

• DIE LINKE. Berlin:
Newsletter zur Debatte um die Änderung des Berliner Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG), zu Videoüberwachung und Handy-Ortung (17.08.2007)

Wir halten Video-Überwachung noch immer für kein Allheilmittel

Am 21. August beschließt der Senat eine Änderung des ASOG, das auch Befugniserweiterungen für die Polizei vorsieht. Diesem Beschluss sind lange Verhandlungen innerhalb der Koalitionsfraktionen und mit dem Innensenat vorausgegangen, in denen es nicht um die Einführung der Gesetzestexte als solche ging, sondern um das »Wie«. Diese Gesetzesänderungen kamen nicht aus heiterem Himmel. Vielmehr ist den im Gesetzentwurf zu findenden Befugnistatbeständen eine tatsächliche Praxis von Sicherheitsbehörden vorausgegangen. Gerade die Möglichkeit der Kontrolle von Befugnissen und die Sicherung des Umgangs mit Daten auf der Grundlage des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts fordern eindeutige und klar begrenzte und begrenzende Befugnisnormen. Darauf hat unter anderem der Berliner Datenschutzbeautragte immer wieder hingewiesen. Die grundsätzliche Frage des »Ob« war zum großen Teil bereits Gegenstand des Koalitionsvertrags und der innerparteilichen Debatten, die die Koalitionsbildung betrafen. Dabei handelte es sich um eine Auseinandersetzung, die nicht die Frage betraf, ob DIE LINKE. Berlin bürgerrechtliche Positionen vertritt, sondern die die Frage betraf, wie weit sie diese bürgerrechtlichen Positionen in den derzeitigen Kräfteverhältnissen durchsetzen kann.

Siehe www.linkspartei-berlin.de

• "SO! Die Zeitung der Linken in Sachsen" hat zum Thema eine Debattenseite:

Berliner Linke: Polizeigesetz schärfen?
Wir kennen das Problem vom WOBA - Streit in Dresden: Innerparteilicher Zoff mit verheerender Außenwirkung. ...

Siehe www.linke-bildung-kultur.de

Tip: Auf der Seite der SO! finden sich auch Beiträge beider Seiten zum Stadtverband Dresden und der Spaltung der lokalen Fraktion wegen den WOBA-Verkäufen.

• Allgemeines:
Informationen zur Entwicklung polizeilicher und geheimdienstlicher Überwachungs- und Kontrollstrategien, -techniken und -methoden, Webseite der Kampagne gegen den Europäischen Polizeikongress in Berlin, Januar 2008:
euro-police.noblogs.org