14. Dezember 2018

Bremen 2019

Vor fast drei Jahren verstarb Ende Dezember 2015 überraschend mein Freund Gerhard Arndt im Alter von 76 Jahren. Gerd war engagierter Kommunalpolitiker für die Linkspartei im Bremer Stadtteil Hemelingen. Eigentlich sollte ich ihm nach den Bürgerschaftswahlen im Mai 2015 nur den Innenausschuss des Beirates abnehmen: Als sachkundiger Bürger, mit vielleicht fünf Terminen im Jahr. Nach Gerds Tod habe ich dann das Mandat im Beirat Hemelingen übernommen. Ich hatte so ein Mandat vorher nicht gewollt, insbesondere da meine Tätigkeit für die Rosa-Luxemburg-Stiftung viele Abendtermine mit sich bringt und ich zudem Vater zweier Söhne bin. Zudem wusste ich, dass die Gestaltungsspielräume und Rechte eines Bremer Beirats recht schmal bemessen sind. Allerdings konnte ich als letzter Nachrücker auf der Liste, nachdem andere wegen schwerer Krankheit schon ausgeschieden waren, das Mandat nicht einfach durch Nichtannahme verfallen lassen und habe mich der Aufgaben angenommen, so gut ich konnte.

Nach drei Jahren ziehe ich tatsächlich eine überraschend positive Bilanz: Neben doch einigen Ohnmachtserlebnissen und dem gelegentlichem Gefühl von erfolglos verstrichener Lebenszeit, habe ich auch einige gute Erfahrungen gemacht und schließlich auch den Eindruck gehabt, wenigstens ein paar Impulse setzen zu können.

Zusammen mit dem zweiten linken Beiratsmitglied lngo Tebje, mit dem Beirat Robert Bauer von der Piratenpartei, mit dem wir eine Fraktionsgemeinschaft gründeten, und mit unseren (teilweise neu hinzu gewonnenen) sachkundigen BürgerInnen Harry Rechten, Rainer Conrades, Rosi Dreimann-Hempel und Robert Hempel haben wir die Fraktionsarbeit gemeinsam neu aufgebaut. Neben dem Innenausschuss hatte ich den Ausschuss für Stadtentwicklungspolitik übernommen, dazu kam später noch der gemeinsame Regionalausschuss Rennbahn mit dem Beirat Vahr.

Die Wahl des Schwerpunktes Stadtentwicklungspolitik erwies sich als Volltreffer für mich: Die anstehende Umnutzung der großen Industriebrachen Könecke und Coca-Cola, der künftige Verkehrsknotenpunkt Föhrenstraße und natürlich die geplante Bebauung des Rennbahngeländes, sowie der überfällige Ausbau der Versorgung mit Kita- und Schulplätzen ist in einem der größten Stadtteile Bremens mit spürbarer Armut eine besondere Herausforderung. Die Auseinandersetzungen haben mich tatsächlich gereizt und mir auch Freude bereitet. Insbesondere bei der Debatte um das geplante Rennbahnquartier konnte ich nicht nur wesentliche Impulse für die Formulierung unserer Positionierungen als Fraktion für gemeinnützigen Wohnungsbau, gegen Flächenverkauf und für die Vergabe im Erbbaurecht setzen, sondern diese auch in die Beschlussfassung im Hemelinger Beirat sowie in die Debatte im Regionalausschuss Rennbahn und in das öffentliche Beteiligungsverfahren erfolgreich einbringen.
Bild: Christoph Heigl, Bremen, Oktober 2010

Für eine linke Stadtteilpolitik in Hemelingen
Auch aus diesen Erfahrungen heraus habe ich mich entschlossen, für einen aussichtsreichen Listenplatz der Bremer LINKEN zur Bürgerschaftswahl 2019 zu kandidieren. Ich möchte unsere neue Beiratsfraktion in Hemelingen gerne aus der Bürgerschaft heraus unterstützen und gerne die Debatte über das geplante Rennbahnquartier und für eine linke Stadtentwicklungspolitik weiter begleiten.
Ähnlich wie Ingo Tebje, dessen parallele Kandidatur für die Bürgerschaftsliste ich unterstütze, möchte ich dem Stadtteil Hemelingen als zweitgrößtem Beiratsgebiet in der Linkspartei und in der Bürgerschaft ein stärkeres Gewicht geben.

„Für wen wird in dieser Stadt Politik gemacht?“ – Welche Infrastruktur wird kaputt gespart, welche wird erhalten, wer profitiert davon, wer trägt die Lasten? Die teilweise Handlungsunfähigkeit der staatlichen Verwaltung geht zu Lasten der Armen.
Was steht an in Bremen: Armutsbekämpfung, Bildung, Kinderbetreuung, Wohnen, Mindestlohn und noch einiges mehr... Wir müssen neue Prioritätensetzungen erreichen – das ist eine der entscheidenden Messlatten für eine mögliche linke Regierungsbeteiligung.
Ich möchte dazu beitragen, dass wir sehr genaue Debatten führen, wo wir noch schärfer den Protest artikulieren müssen, wo wir ausformulierte alternative Konzepte vorlegen müssen, und wo wir mitgestalten und Kompromisse mittragen müssen. – Ich glaube, ich kann dazu etwas beitragen, aus meinen unterschiedlichen Erfahrungen im Bereich des Politik machen und des Konzepte entwickeln. Ich habe reichliche Erfahrungen in institutioneller Politik und in Bewegungszusammenhängen, Erfahrung in Netzwerken, Bündnissen und Kampagnen, auch gerade an Schnittstellen...

Wo ich herkomme und was ich mitbringe: Mehr dazu in meiner Bewerbung (PDF).

Immer wieder bewegen uns weltweit die Bilder toter Flüchtlinge, und von BILD über die ZEIT bis zur Hilforganisation medico international wird Rosa Luxemburg zitiert: „Es gibt aber Leichen, die lauter reden als Posaunen...“ (Im Asyl, 1912). Hinzufügen möchte ich den oft fehlenden Schlusssatz: »Nieder mit der infamen Gesellschaftsordnung, die solche Greuel gebiert!«

Genau bei dieser Frage – wie wir als Gesellschaft uns abschotten oder öffnen, wie wir mit den (vermeintlich) Schwachen umgehen, mit den Menschen, die am Rand stehen oder dahin gedrängt werden – hier läuft meine Schmerzgrenze, auch bei der Frage, was wir als Partei an Kompromissen mittragen und was nicht. Menschenrechte sind unteilbar.