Die Anti-Atom-Bewegung erfährt spätestens seit den letzten zwei Jahren eine deutliche Revitalisierung. Zentrale Mobilisierungen sind v.a. der Protest gegen Atommülltransporte („Castoren“) und gegen Verlängerungen der Laufzeiten für Atomkraftwerke. Letztere Auseinandersetzung steht für Versuche, die Atomkraft wieder als Zukunftsoption für die Energieversorgung politisch zu setzen.
Nach dem Atomkompromiss der Rot-Grünen Bundesregierung kam es teilweise zum Bruch der Anti-Atom-Bewegung mit den beiden Parteien, da dieser Kompromiss in recht weiten Teilen der Bewegung nicht mitgetragen wurde. Die darauf folgende Bewegungsflaute von Anfang des Jahrzehnts ist inzwischen jedoch überwunden. Dies betrifft auch die klassischen Bewegungsstrukturen, die seit mehreren Jahrzehnten das Rückrat dieser immer wieder neu auflebenden Bewegung bilden, nicht zuletzt z.B. der Widerstand im Wendland gegen die Atommülllagerung. Letzte Highlights der Bewegung waren 2008 die Aktionen und Proteste gegen den Castor, sowie eine besonders gut besuchte Demonstration vor der Bundestagswahl 2009.
Die Vorbereitung der Menschenkette zwischen Brunsbüttel und Krümmel am 24. April 2010 (vor dem Tschernobyl-Gedenktag) zeigt wahrscheinlich die Rückkehr des gesellschaftlichen Bündnisses, welches jahrelang die Anti-Atom-Bewegung trug: Hier sind zum ersten Mal bei einer Anti-Atom-Großaktion mit der SPD wieder alle Rot-Grün-Roten-Parteien – neben BewegungsaktivistInnen, Gewerkschaften, Kirchen – im Trägerkreis der „KETTENreAKTION“ vertreten. Dies war seit der Rot-Grünen Regierung nicht mehr der Fall, Rot-Grüne Akteure mussten sich im letzten Jahrzehnt als Folge des Regierungsprojektes mit spürbaren Vertrauensverlusten von Seiten der BewegungaktivistInnen auseinandersetzen und hatten sich teilweise auch aus Bewegungsstrukturen zurück gezogen. (Der vorläufige Tiefpunkt dieses Verhältnisses ist wohl mit den G8-Protesten 2008 in Heiligendamm markiert.)
Zu dieser Protestaktion kommen wieder Spektren zusammen, die politisch zusammen gehören: Der Widerstand gegen die Nutzung der Atomenergie ist offensichtlich ein Essential eines jeden übergreifenden linksalternativen gesellschaftlichen Bündnisses. Wie weit das aktuelle Bündnis trägt, mag sich schon bald beweisen: Die nächsten Castoren kommen im Herbst 2010...
KETTENreAKTION, Großaktion wegen der durch die Bundesregierung beabsichtigten Laufzeitverkürzungen: Am 24. April 2010 sollen Zigtausende mit einer eine Menschenkette zwischen Brunsbüttel und Krümmel auf ca. 120 Kilometern ein starkes Zeichen für das Ende der Atomenergie und eine zukunftsfähige, ökologische Energiewende setzen.
Siehe www.anti-atom-kette.de